Befragung
Die Zusammenarbeit neu justieren
Teamarbeit ist in den meisten Unternehmen gängige Praxis. Für das Gros von ihnen gilt: Zumindest die Kernleistungen ihrer Organisation werden heute weitgehend in bereichs- oder zuweilen sogar unternehmensübergreifender Teamarbeit erbracht. Deshalb erachten viele Unternehmen das Verbessern der Teamarbeit als einen zentralen Schlüssel zum Erhöhen ihrer Performance.
Dies war für die Unternehmensberatung Kraus & Partner der Anlass, in einer Befragung von Personalverantwortlichen zu erkunden:
- wie zufrieden die Unternehmen aktuell mit der Teamarbeit in ihrer Organisation sind,
- welche Faktoren aus ihrer Warte zu einer Dysfunktionalität von Teams führen und
- wie stark sich die Faktoren Führung und Kultur aus Sicht der Personalleitungen auf die Team-Performance auswirken.
An der Online-Befragung, die der Untersuchung zugrunde liegt, nahmen 71 Personalverantwortliche von Konzernen und größeren mittelständischen Unternehmen teil. Zudem wurden mit 34 Befragungsteilnehmern vertiefende narrative Interviews geführt, um die statistischen Daten der Online-Befragung mit Leben zu füllen und Einblicke in die Teamarbeit im Betriebsalltag zu gewinnen.
Bei der Team-Performance besteht Luft nach oben
In der Online-Befragung wurden die Personalverantwortlichen unter anderem gebeten, auf einer Skala von Eins bis Zehn die aktuelle Performance ihrer Teams zu bewerten – „unter Berücksichtigung solcher Aspekte wie Effizienz, Zusammenarbeit, Problem-/Konfliktlösung“. Das Ergebnis war: Die Team-Performance wird von den Befragten gemittelt mit etwa zwei Dritteln des Maximalwerts (6,58 von 10) bewertet.
Dies lässt die Schlussfolgerung zu: Die meisten Unternehmen haben bereits eine recht hohe Routine in der Teamarbeit entwickelt; bei der Performance ihrer Teams besteht aus Sicht der Personalverantwortlichen aber noch Luft nach oben. Dies bestätigen ihre Antworten auf die Frage: „Wie hoch schätzen Sie die Produktivität Ihrer Teams ein?“ Sie zeigen, dass die Produktivität (Mittelwert: 6,71) und Performance der Teams etwa gleich bewertet werden. Das legt die Vermutung nahe: Die Produktivität ist zentrale Faktor beim Bewerten der Team-Performance.
Oft fehlen Tools zum Bewerten der Performance
Das Gros der Befragten ist zudem der Auffassung, dass die Teammitglieder ihre individuelle und kollektive Leistung weitgehend realistisch einschätzen (Mittelwert: 6,07). Dies deutet auf einen hohen Reifegrad der Teammitglieder hin; außerdem auf ein bei ihnen vorhandenes Bewusstsein, dass die Leistung ihres Teams letztlich an dessen Produktivität gemessen wird und die Team-Performance durchaus noch gesteigert werden könnte.
Dies überrascht etwas, da die Befragungsteilnehmer die Qualität der „Tools“ in ihrem Unternehmen zum objektiven Beurteilen der Leistung von Teams nur mit einem Mittelwert vom 4.31 bewerten. Das legt die Vermutung nahe, dass die meisten Führungskräfte faktisch keine objektiven Kriterien zum Beurteilen der Teamleistung haben, sondern hierbei weitgehend auf ihre subjektive Wahrnehmung vertrauen.
Dies bestätigten die narrativen Interviews. In ihnen zeigte sich, dass zwar für die Teams in den Bereichen Produktion und Vertrieb meist objektive Kriterien für das Messen der Team-Performance existieren (wie Output und Durchlaufzeit sowie Umsatz und Ertrag) in anderen Bereichen jedoch nicht. Hier ist den Befragten zufolge beim Bewerten der Leistung oft „viel Gefühl“ im Spiel.
Führung und Kultur beeinflussen die Performance
Als die zentralen Einflussfaktoren für die Performance von Teams erachten die Befragungsteilnehmer die Führung und Unternehmenskultur. Auffallend dabei ist, dass die Relevanz der Unternehmenskultur (Mittelwert: 8,76) sogar noch höher als die der Führung (8,20) eingestuft wird.
Eine zentrale Ursache hierfür dürfte sein: Die bereichsübergreifenden Projekt- und Arbeitsteams, auf deren (Zusammen-)Arbeit die Führungskräfte nur mittelbar einen Einfluss haben, gewinnen im Betriebsalltag eine immer größere Relevanz. Deshalb steigt auch die Bedeutung der Unternehmenskultur für die Team-Performance. Denn diese Teams bestimmen ihr Vorgehen und die Regeln für ihre (Zusammen-)Arbeit weitgehend selbst, wobei sie selbstverständlich auch von ihrem Umfeld beeinflusst werden. Das heißt, gehen von ihm die Teamarbeit stimulierende Signale aus, wirkt sich dies auch positiv auf die Teamleistung aus.
Knackpunkt Teamspirit und wechselseitiges Vertrauen
Als den zentralen Faktor für eine effektive Teamarbeit erachten nahezu alle Befragten „wechselseitiges Vertrauen“. Dieses ist ihres Erachtens der Schlüsselfaktor, damit der nötige Teamspirit entsteht. Dieser führt wiederum zu einer hohen Team-Performance – und zwar sowohl bei den unmittelbar einer Führungskraft unterstellten Mitarbeiterteams als auch den bereichsübergreifenden Projektteams. Im Umkehrschluss wird mangelndes Vertrauen als die zentrale Ursache vieler Dysfunktionalitäten von Teams gesehen.
Als weitere wichtige die Team-Performance stimulierende Faktoren werden häufig genannt:
- offene und ehrliche Kommunikation
- Respekt und wechselseitige Wertschätzung
- Kenntnis und Identifikation mit den Unternehmenszielen
- Kollegialität
- Leistungsbereitschaft und -fähigkeit
- Veränderungs- und Lernbereitschaft
Teams müssen sich zum Teil neu definieren
Bei den vorgenannten Faktoren handelt es sich weitgehend um solche, deren Relevanz für das Funktionieren von Teams seit Jahren bekannt ist. Auffallend ist jedoch, dass die Befragungsteilnehmer in den narrativen Interviews immer wieder darauf verweisen, dass sich die Rahmenbedingungen der Teamarbeit in ihrer Organisation in den letzten Jahren massiv verändert haben. Dies führt nicht selten dazu, dass bewährte Teams erneut Fragen klären müssen wie:
- Was sind unsere Ziele als Team?
- Wer hat welche Aufgabe und Rolle im Team? Und:
- Wie werden die unterschiedlichen Interessen berücksichtigt?
Harmoniewunsch zuweilen stärker als Veränderungsbereitschaft
Hiermit adäquat umzugehen, fällt insbesondere vielen bereichsübergreifenden Teams offensichtlich schwer – auch weil ihren Mitgliedern bewusst ist, dass hieraus Konflikte resultieren, die die Harmonie im Team stören. Deshalb stellen sie sich diesen Fragen oft eher zögerlich, auch weil in diesen Teams häufig ein zentraler Treiber fehlt, der sie zur Beschäftigung mit ihnen zwingt.
Zugleich sehen sich noch viele Führungskräfte, da sich der Charakter ihrer Teams, u.a. durch das verstärkte Arbeiten im Homeoffice, in Richtung hybride Teams geändert hat, mit der Herausforderung konfrontiert, ihr Führungsverhalten teilweise neu zu justieren, da sie oft selbst spüren: Unter dem weitgehend virtuellen Kontakt leidet der Teamspirit. Auch dies wirkt sich auf die Funktionalität der Teams aus.
Dies dürfte auch ein zentraler Punkt sein, warum in den narrativen Interviews auffallend viele Befragungsteilnehmer die aktuelle Zusammenarbeit in ihrem Bereich bzw. Team mit solchen Aussagen wie „Man tut, was man kann“ beschreiben. Nicht wenige von ihnen wünschen sich denn auch mehr Unterstützung seitens der Unternehmensleitungen dabei, die Zusammenarbeit in ihren Teams aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen auf ein neues Fundament zu stellen.
Zum Co-Autor: Andreas Schwarzenhölzer arbeitet als Berater und Coach für die der Unternehmensberatung Kraus & Partner. Er ist auf das Themenfeld Change-Management, Führungs- und Teamentwicklung spezialisiert.
Die vier Entwicklungsphasen eines Teams
Jedes Team durchläuft, bevor es voll leistungsfähig ist, einen längeren Prozess der Selbstfindung. Dieser Prozess gliedert sich in die vier Phasen „Forming“ (Orientierungsphase), „Storming“ (Konfliktphase), „Norming“ (Organisationsphase) und „Performing“ (Integrationsphase).
In der „Forming-Phase“ beschnuppern sich die Teammitglieder wechselseitig. Sie versuchen zu erkunden: Was fit sind die „neuen Kollegen“? Welche Interessen verfolgen sie und ist mit ihnen eine vertrauensvolle Zusammenarbeit möglich? In dieser Phase empfindet sich das Team noch nicht als Team.
Die „Storming-Phase“ ist von Auseinandersetzungen geprägt. In ihr werden sozusagen die Rangkämpfe ausgefochten. Nun geht es unter anderem darum: Wer hat welche Aufgabe und Rolle im Team? Wie stark werden die verschiedenen Interessen berücksichtigt? In dieser Phase kochen oft unterschwellige Konflikte zwischen den Bereichen und Funktionsgruppen im Unternehmen hoch, und die Teammitglieder sind stärker mit Status-Kämpfen als ihrer Aufgabe beschäftigt.
In der „Norming-Phase“ glätten sich die Wogen allmählich. Nun verständigen sich die Teammitglieder zum Beispiel auf Spielregeln für den Umgang miteinander; außerdem vereinbaren sie erste Maximen, an die sich alle beim Lösen der Aufgabe halten. Erst wenn ein Team diesen Punkt erreicht hat, entfaltet es allmählich seine Vorzüge. Dann beginnt die „Performing-Phase“ – also die Phase, in der das Team bessere Ergebnisse erzielt, als wenn seine Mitglieder alleine arbeiten würden.
In den ersten drei Phasen ist sind Teams noch stark mit sich selbst beschäftigt. Entsprechend mager sind die Arbeitsergebnisse. Ein entsprechendes Feedback erhalten sie von ihrem Umfeld: „Wann kommt ihr endlich zu Potte?“ „Wann kann man mit ersten Lösungsansätzen rechnen?“ Dies fördert nicht die Stimmung. Entsprechend groß ist die Gefahr, dass sich einzelne Teammitglieder aus der Teamarbeit verabschieden, bevor sie eigentlich begonnen hat. Deshalb sollte der Teambildungsprozess von einem Coach oder erfahrenen Teamentwickler begleitet werden. Er kann, indem er zum Beispiel die richtigen Fragen stellt, den Teambildungsprozess beschleunigen. Ein ähnlicher Effekt tritt ein, wenn die Teammitglieder in der Startphase ein Teamtraining besuchen, um sich dort sozusagen im Zeitraffer zusammenzuraufen.
Dies ist gerade bei virtuellen und hybriden Teams extrem wichtig; also Teams, deren Mitglieder sich im Arbeitsalltag wenn überhaupt nur sporadisch persönlich treffen. Denn das für eine effektive Zusammenarbeit nötige Vertrauen zwischen den Teammitgliedern setzt auch ein Gespür dafür voraus, wie tickt mein Gegenüber und was ist ihm (in der Zusammenarbeit) wichtig.