Umgang mit KI lernen, aber wo?

Sich möglichst schnell alles aneignen, was man für die praktische Anwendung von KI im Unternehmen braucht – das war unsere Vorgabe bei einem Rundruf durch die heimischen Hochschulen. Das Ergebnis sehen Sie in unserer Anbieterliste. Dabei ging es uns einerseits um Praxisnähe und unmittelbaren Nutzen, andererseits um möglichst kurze, kompakte Ausbildungen. Beides sind die natürlichen Domänen der Postgraduate Center der großen Universitäten und der Fachhochschulen. Bei letzteren ist es übrigens gerade ein Trend, sich in Hochschule für Angewandte Wissenschaften (z.B. die frühere FH Burgenland) oder in die englischsprachige Variante University of Applied Sciences (z.B. IMC Krems) umzubenennen. Am Inhalt ändert das nichts.

Fragt man nach konkreten Angeboten, betonen alle, KI in sämtliche Curricula integriert zu haben. Weil das beim Bewerten eines bestimmten Kurses wenig hilft, kommen hier einige Fachbegriffe, mit denen man den Hochschulen auf den Zahn fühlen kann: Machine Learning, Deep Learning, Neuronale Netze, Data Warehousing, Data Mining, Data Engineering, Heuristische und Evolutionäre Algorithmen, Predictive Analytics, Generative AI.

Manche Hochschulen stechen hervor, weil sie Kapazunder als Vortragende engagieren. Die Lauder Business School etwa bietet keine eigenen KI Aus- oder Fortbildungen an, weshalb wir sie nicht mit konkreten Curricula in unsere Anbieterliste aufnehmen konnten. Sie verdient aber Erwähnung, weil sie regelmäßig Omri Bergman, Head of Strategy & Operations CEE bei Google, für Workshops ins Land holt.

Die Executive Academy der Wirtschaftsuniversität Wien lässt ihren „AI Leadership Kompass“ vom experimentierfreudigen heimischen KI-Experten Martin Giesswein betreuen. Der scheut nicht vor extremen Selbstversuchen zurück. Er testet laufend neue KI-Anwendungen mit dem Ziel, sich selbst abzuschaffen – für Führungskräfte durchaus interessant.

Weniger radikal ist ein AI-Bot-Plugin im Moodle für die Studierenden der FH Technikum Wien, der auf Basis von ChatGPT durchs Studium führt. Nah an der Praxis sind das Wahlpaket „Digital Science“und die Ringvorlesung „Generative Künstliche Intelligenz“, die allen Bachelor-, Master- und Doktoratsstudien der Uni Innsbruck offensteht. Letztere verzahnt zehn Disziplinen, um den Teilnehmern die Prinzipien allseits bekannter Technologien wie ChatGPT oder Midjourney nahezubringen.

Wenig überraschende Erkenntnis einiger Unis und FH: Gefragt sind nahezu ausschließlich Anwendungskompetenzen, vor allem bei den jungen Generationen. Nur Techniker*innen interessieren sich für die Technologie dahinter. Test: Bewerten Sie eine Ausbildung danach, ob sie auch auf konkrete Projekte aus Ihrem Unternehmen eingeht!

Mehrere Hochschulen betonen, ihre Studierenden nicht nur auf die Anwendbarkeit, auch auf ethische, rechtliche und soziale Fragestellungen vorzubereiten. Die FH St. Pölten gab im Oktober eine Richtlinie zu Themen wie Datenschutz, Transparenz, kritischen Umgang mit KI-generierten Inhalten sowie Quellenkritik und wissenschaftlicher Integrität heraus. Diese ist an den „Artificial Intelligence Act (AIA)“ der Europäischen Union angelehnt. Wem der achtsame Umgang mit KI am Herzen liegt, der frage an seiner Hochschule nach Vergleichbarem. Wie es die FH Vorarlberg formuliert: „kontinuierlich hinterfragen, wie und wozu die Technologie eingesetzt wird.“

Was uns zur letzten Frage führt: Woher weiß man, ob die Vortragenden wirklich kompetent sind? Die Hochschule Burgenland löst das mit einem internen Weiterbildungsprogramm, bei dem die Lehrenden Zertifikate vom Erstellen von Lehrinhalten mit KI bis zu den Auswirkungen auf die Prüfungskultur erwerben können. 220 der 800 haupt- und nebenberuflich Lehrenden nahmen das Programm bisher an – was wohl Rückschlüsse auf den Stand der KI-Kompetenzen an Österreichs Hochschulen zulässt.