Fachkräftemangel
Fünf Schritte zum perfekten Onboarding
Ein akutes Problem für Unternehmen – vor allem in Zeiten des massiven Fachkräftemangels. „Fluktuation oder eine unbesetzte Stelle kann zum Beispiel einen Handwerksbetrieb rund 100.000 Euro pro Mitarbeiter kosten“, weiß Cristoph Fabikan. Der Unternehmensberater hat sich mit seiner Employer-Branding- Agentur Belistic darauf spezialisiert, den Onboarding-Prozess zu optimieren und neue Mitarbeitende so ins bestehende Team zu integrieren, dass sie sich fachlich und persönlich so rasch wie möglich entfalten können. „Menschen in Unternehmen eingliedern zu wollen, ohne ihnen Orientierung zu geben, funktioniert einfach nicht mehr“, so der Experte.
Mit folgenden fünf Schritten kann jedes KMU seinen Onboarding-Prozess neu ausrichten.
Schritt 1: Meine Entscheidung war die richtige!
Der Worst Case ist derzeit bei vielen KMU noch Alltag. Nach dem Bewerbungsgespräch und der Zusage durch die Arbeitgeber*in geschieht bis zum ersten Arbeitstag meist Folgendes: absolut nichts. Eine Phase, die oft mehrere Wochen dauert. „Viele Bewerber haben bereits einen Job und überlegen sich, zu wechseln. Genau diesen Personen muss ich die Sicherheit geben, dass ihre Entscheidung, ihren sicheren Arbeitsplatz aufzugeben und in einem neuen Unternehmen anzufangen, die richtige ist. In dieser Pre-Boarding-Phase liegt für die Unternehmen das größte Potenzial“, erklärt Fabikan.
Fluktuation kann einem Handwerksbetrieb rund 100.000 Euro pro Mitarbeiter kosten.
Welche Maßnahmen sind dafür nötig? Zumindest einmal pro Woche sollte die Bewerberin etwas von ihrem zukünftigen Arbeitgeber hören. Das kann ein Dankes-Mail direkt nach dem Bewerbungsgespräch sein. Und ein weiteres Mail, das den Plan für die Wochen bis zum ersten Arbeitstag skizziert. „Die Unternehmer können den Bewerber in dieser Phase auch zu einem Probetag oder zu einem gemeinsamen Fest einladen, damit dieser das Team kennenlernen kann. Der Bewerber muss spüren: Die interessieren sich für mich und wollen mich unbedingt“, so Fabikan.
Schritt 2: Der Willkommenstag
„Der erste Arbeitstag ist bei uns ein Willkommenstag, der sehr gut geplant ist“, sagt Birgit Priklopil. Sie ist Geschäftsführerin einer Steuerberatungskanzlei mit zwölf Mitarbeitern. Vor der Zusammenarbeit mit Belistic hat sie selbst die Einschulung ihrer neuen Mitarbeitenden übernommen und musste viel Zeit dafür aufwenden. Heute vertraut sie auf einen standardisierten Prozess, der in einer eigenen Willkommensmappe festgelegt ist und auch ihr Team integriert. „Am ersten Vormittag tausche ich mich gemütlich mit dem neuen Mitarbeiter aus und stelle ihm dem Team vor. Erst am Nachmittag starten wir auf der fachlichen Ebene. Entscheidend ist, dass der Arbeitsplatz für die Neuen fertig vorbereitet ist“, so Priklopil. Das Ergebnis: Die Zufriedenheit ihrer neuen Mitarbeitenden ist wesentlich gestiegen.
Schritt 3: Die Orientierungsphase
Das Onboarding ist mit dem Arbeitsbeginn natürlich noch lange nicht vorbei. „In den ersten Wochen ist es wichtig, dem Neuen Orientierung zu bieten: Wofür stehen wir als Unternehmen? Was ist das genaue Aufgabengebiet? Mit welchen Erwartungen gehen wir in die Zusammenarbeit? Fragen wie diese sollten in der Orientierungsphase besprochen werden“, sagt Fabikan. Er rät dazu, der neuen Mitarbeiterin dafür einen Buddy aus dem bestehenden Team als direkte Ansprechperson zur Seite zu stellen. Darüber hinaus sollte die Geschäftsführung oder die Führungskraft eine Routine einbauen und sich jede Woche zumindest eine halbe Stunde Zeit nehmen, um sich mit dem Neuen regelmäßig auszutauschen und die Arbeitswoche zu reflektieren. Priklopil hat für die erste Phase auch eigene Kanzlei-Videos aufgenommen: „Darin erkläre ich zum Beispiel, wie unser Buchhaltungssystem funktioniert.“
Schritt 4: Meilensteine feiern
Ein Ziel des Onboarding-Prozesses ist es auch, die Mitarbeiter-Bindung zu intensivieren. „Das passiert ganz automatisch, wenn der Fokus auf den Menschen und nicht zu sehr auf seine fachlichen Qualifikationen gelegt wird. Die soziale und kulturelle Integration in das Team macht jeden Mitarbeiter produktiver“, meint der Unternehmensberater. Und wie kann man die Mitarbeitenden auf menschlicher Ebene abholen? Zum Beispiel durch das Definieren und Feiern von Meilensteinen – wie dem Ende der Probezeit. „Wir überraschen unsere Neuen mit einem Geschenk nach der Probezeit“, sagt Priklopil. Auch ein gemeinsames Essen mit dem gesamten Team eignet sich laut Fabikan gut, um erreichte Meilensteine menschlich anzuerkennen und zu feiern.
Schritt 5: Das Team denkt mit
„Früher habe ich immer gedacht, ich muss alles alleine machen“, sagt die Steuerberaterin. Mittlerweile hat sie auch ihr Team in den Onboarding-Prozess implementiert – und spart damit nicht nur Zeit, sondern gewinnt auch neue Ideen. „Der gesamte Prozess kann mit den bestehenden Mitarbeitern entwickelt, simuliert und getestet werden. Feedback-Schleifen dienen dazu, um auch die Ideen des Teams beim Onboarding zu integrieren“, rät Fabikan. Damit steigt nicht nur der gesamte Team-Spirit, sondern es wird ganz automatisch ein weiteres Worst-Case-Szenario vermieden: Eine neue Mitarbeiterin kommt und niemand im Unternehmen weiß es. Von der Teamarbeit profitiert auch die Geschäftsführung. „Ich war bisher als Person selten in der Rolle eines Dienstnehmers und hatte ein richtiges Aha-Erlebnis. Zum Beispiel, wie es sich für den Mitarbeiter anfühlt, wenn der Dienstgeber auf den ersten Arbeitstag nicht vorbereitet ist“, so Priklopil.